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------------------------- * * X.com * Facebook * E-Mail * * * X.com * Facebook * E-Mail * Messenger * WhatsApp * LIEBE LESERIN, LIEBER LESER, kennen Sie Dall-E? Oder vielmehr, Dall-E 2?
Falls nicht: Dall-E 2 ist ein sogenannter Bildgenerator, der auf künstlicher Intelligenz (KI) basiert und ungefähr so funktioniert: Man gibt einen Text oder ein paar Stichworte ein, die
ungefähr beschreiben, was für ein Bild man erzeugen will. Ich habe der KI heute Morgen beispielsweise diese Aufgabe gestellt: »Eine Tasse Tee, die auf einem Gitarrenverstärker steht.« Eines
der vier Ergebnisse, die mir das System Sekunden später lieferte, sehen Sie hier: Gar nicht so schlecht, nicht wahr? Man sieht jedenfalls, dass sogar ich fotorealistisch wirkende Bilder
erzeugen kann. Zumindest, wenn ich von einer KI unterstützt werde. Möglich ist das alles, weil der Forschungsverband OpenAI sein System Ende September für jedermann und -frau freigegeben
hat. Mich wunderte dabei vor allem die Geschwindigkeit, mit der das geschah. Schließlich war der KI-Bildgenerator der Öffentlichkeit erst im April präsentiert worden. Anfangs bekamen nur
ausgewählte Künstlerinnen und Kreative einen Zugang, später konnte man sich als Betatester bewerben, musste aber begründen, warum man ausgewählt werden sollte. Doch schon bald darauf
spielten nach der Freigabe anderthalb Millionen Menschen mit dem System herum. Mit ihren Texteingaben erzeugten sie zwei Millionen Bilder pro Tag. Jetzt, nur wenige Monate nach seiner ersten
öffentlichen Erwähnung, macht Dall-E 2 den nächsten Sprung hin zu mehr Bekanntheit: Das System wird in Microsofts Bürosoftware Microsoft 365 (früher hieß sie Office 365) eingebunden. Das
gab der Konzern am Mittwoch bekannt. Die Software wird Microsoft Designer genannt und basiert, so Microsoft-Manager Liat Ben-Zur, auf KI-Technologie, vor allem auf Dall-E 2. Microsoft kann
so etwas machen, weil der Konzern im Jahr 2019 mit einem Investment von einer Milliarde Dollar bei OpenAI eingestiegen ist . Im folgenden Jahr sicherte sich das Unternehmen eine exklusive
Lizenz für GPT-3, die, wie es mein Kollege Patrick Beuth ausdrückte, »eloquenteste KI der Welt«. So wie heute Dall-E 2 damit verblüfft, welch wunderbare Kunstwerke es aus Texten erschaffen
kann, ist GPT-3 überraschend gut darin, Texte zu schreiben, die, so Patrick, »Sie und ich für das Werk eines Menschen halten würden«. »ÜBERLASSEN SIE DER KI DIE SCHWERSTARBEIT« So ähnlich
soll es nun wohl auch mit der Integration von Dall-E 2 in Microsofts Designer-App werden. Mit »minimalem Aufwand« soll man mit der neuen Software »blitzschnell Posts für soziale Medien,
Einladungen, digitale Postkarten, Grafiken und mehr« erzeugen können. Wie auf der Dall-E-2-Website gibt man dafür einen Text ein, der beschreibt, was man produzieren möchte. Oder wie Ben-Zur
es sagt: »Beginnen Sie mit einer Idee und überlassen Sie der KI die Schwerstarbeit.« Und Schwerstarbeit wird es sein, was die KI da im Hintergrund leisten muss. Während Nutzerinnen und
Nutzer an ihren Computern Idee in den Designer tippen, rattern irgendwo auf dem Planeten in einem Cloud-Rechenzentrum Hochleistungsrechner los, um deren Wünsche umzusetzen. Was mich
schmunzeln lässt: Die neue App ist laut Microsoft ausgerechnet aus PowerPoint hervorgegangen, einem Tool, dessen Erwähnung bei mir eine regelrechte »PowerPoint-Angst« auslöst, weil ich schon
so viele unsäglich langweilige Präsentationen gesehen habe. Um genau das zu verhindern, soll der Designer in Powerpoint nun spannende und zum Inhalt des Vortrags passende grafische Optionen
anbieten. Und ebenso soll er Einladungskarten und Social-Media-Posts hervorbringen, die kreativ wirken sollen, die aber, wie es unser Kolumnist Christian Stöcker mal formulierte, letztlich
»nur der Output unfassbar komplexer, mit gigantischen Mengen Material trainierter statistischer Modelle« sind. Höhere Mathematik in schick sozusagen. Ich kann es kaum erwarten zu sehen, was
für irre Kreationen aus diesem System in Zukunft das Web fluten werden. Vielleicht steht uns sogar die Ablösung der ohnehin kaum noch populären Gifs bevor. Doch ganz so schnell wird das
nicht gehen, denn noch ist der Microsoft Designer kein fertiges Produkt. Wer es ausprobieren möchte, kann sich bei Microsoft für eine kostenlose Vorschauversion mit begrenztem
Funktionsumfang anmelden. Wenn die Entwickler des Konzerns das System als fertig erachten, soll es sowohl als kostenlose Version als auch in einer »Premium«-Fassung für Abonnenten
veröffentlicht werden. Dass diese Fassung auch so rasch erscheinen wird, wie es Dall-2 von der Präsentation zur allgemeinen Freischaltung geschafft hat, wage ich zu bezweifeln. UNSERE
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FREMDLINKS: DREI TIPPS AUS ANDEREN MEDIEN * »Blackouts gegen die Freiheit« (sechs Leseminuten) Ein visuell eindrucksvoller, sehr informativer Artikel des »Tagesspiegel« über die
Internetblockaden in Iran. * »Die Revolution der Natrium-Akkus wird absehbar« (15 Leseminuten) Vom Westen weitgehend unbeachtet wird in China an einer neuen Akkutechnik gearbeitet, die
teure Lithium-Ionen-Akkus ablösen könnte, schreibt »Golem« und wittert einen Umbruch. * »#PortfolioDay« (so viele Leseminuten, wie Sie aushalten) Den heutigen Mittwoch hat Twitter zum Tag
für Künstlerinnen und Künstler ausgerufen, die ihre Werke der Welt präsentieren wollen. Wer Mangas, Fantasy und Kitsch mag, wird sich eine Sehnenscheidenentzündung scrollen. Kommen Sie gut
durch den Rest der Woche. Matthias Kremp