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Es hat etwas gedauert, aber jetzt hat der Kanzler endlich einen Termin im Weißen Haus. Nach Kiew dürfte es die wichtigste Reise in den ersten Wochen seiner Amtszeit werden. Bundeskanzler
Friedrich Merz (CDU) reist am Mittwochabend nach Washington, um dort am Donnerstag erstmals seit seinem Amtsantritt US-Präsident Donald Trump zu treffen. Geplant seien ein Gespräch der
beiden im Weißen Haus, ein gemeinsames Mittagessen und eine anschließende Pressebegegnung, gab Regierungssprecher Stefan Kornelius in Berlin bekannt. Es ist das erste Treffen der beiden seit
Merz' Amtsantritt am 6. Mai. Davor waren sich die beiden vor vielen Jahren nur einmal flüchtig in New York begegnet. Merz bricht am Mittwochabend nach einem Abendessen mit den
Ministerpräsidenten der Länder in Berlin nach Washington auf. Bei der Ministerpräsidentenkonferenz am Donnerstag lässt er sich von Kanzleramtschef Thorsten Frei vertreten. Trump wird den
Kanzler im Gästehaus des Präsidenten, dem Blair House, neben dem Weißen Haus übernachten lassen - eine besondere Ehre. Bei dem Gespräch in Washington dürften die Bemühungen um ein Ende des
Ukraine-Kriegs, die Reaktion der Nato auf die wachsenden Bedrohungen von außen und der Zollstreit zwischen den USA und der EU im Mittelpunkt stehen. Vor allem geht es aber darum, ob die
beiden einen guten Draht zueinander finden. WIE OFT HATTEN DIE BEIDEN SCHON KONTAKT? Merz und Trump haben in den vergangenen Wochen mehrfach telefoniert - einmal zu zweit und danach dreimal
in größerer Runde mit mehreren anderen europäischen Staats- und Regierungschefs zu den Bemühungen um ein Ende des Ukraine-Kriegs. Merz hat inzwischen die Handy-Nummer des US-Präsidenten und
tauscht sich mit ihm per SMS aus. Seit dem jüngsten Telefonat sprechen sich die beiden auch mit den Vornamen Friedrich und Donald an. WAS IST DAS TOP-THEMA DES BESUCHS? An Nummer eins
dürften die Bemühungen um ein Ende des Krieges in der Ukraine stehen. Merz hat sich dabei unter den Europäern mit an die Spitze gesetzt, zeigte sich zuletzt aber frustriert über mangelnde
Fortschritte. In Washington wird er bei Trump darum kämpfen, den Druck auf den russischen Wladimir Putin zu erhöhen, um ihn zu einer Waffenruhe zu bewegen. Die Europäer bereiten dazu ein
weiteres Sanktionspaket in dem Bewusstsein vor, dass sie Putin nur zusammen mit den Amerikanern wirklich beeindrucken können. WO STEHT TRUMP DERZEIT IN SACHEN UKRAINE? Trump sagte am
Mittwoch, innerhalb der nächsten zwei Wochen werde sich zeigen, ob Putin „uns an der Nase herumführt“ oder nicht. „Und wenn er es tut, werden wir ein wenig anders reagieren.“ Von neuen
Sanktionen gegen Russland halte ihn nur die Tatsache ab, „dass ich, wenn ich glaube, dass ich kurz vor einem Deal stehe, das nicht vermasseln möchte.“ Ob es bis zu dem Treffen zwischen Merz
und Trump zu neuen Gesprächen in Istanbul zwischen Russland und der Ukraine kommen wird, ist derzeit noch offen. WELCHES THEMA STEHT NOCH GANZ OBEN AUF DER AGENDA? Eine Lösung im Zollstreit
mit den USA. Darüber verhandelt aber die EU-Kommission mit den USA. Merz wird sich da nicht in die Details einschalten, kann aber als Chef des wirtschaftsstärksten europäischen Landes
Vertrauen schaffen und Impulse setzen. Für die von Trump ursprünglich zum 1. Juni angedrohten Zölle von 50 Prozent gibt es nun eine Frist bis zum 9. Juli. WAS WIRD MIT BLICK AUF DEN
NATO-GIPFEL BESPROCHEN? Ende Juni kommen die Staats- und Regierungschefs des Verteidigungsbündnisses in Brüssel zusammen und werden unter anderem über ihre Verteidigungsausgaben reden. Trump
hat von den Bündnispartnern fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts gefordert. Nato-Generalsekretär Mark Rutte hat darauf mit einer Kompromissformel reagiert: 3,5 Prozent für das Militär und
1,5 Prozent für Infrastruktur wie Straßen oder Häfen, die für die Verteidigung relevant sein können. Merz hat sich diesem Vorschlag angeschlossen. WAS KÖNNTE SONST NOCH ZUR SPRACHE KOMMEN?
Merz hat in den vergangenen Wochen einiges getan, um sich den USA gegenüber kooperativ zu zeigen. Bei einem Thema reagiert er aber verärgert. Die Attacken von US-Vizepräsident JD Vance, der
den europäischen Verbündeten auf der Münchner Sicherheitskonferenz eine Gefährdung der Demokratie vorgeworfen hat, findet er „übergriffig“. Und Kritik aus der US-Regierung an der Einstufung
der AfD durch den Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch hat er sich verbeten. „Das ist unsere Sache. Darüber entscheiden wir und nicht eine amerikanische Regierung.“ Ob das
bei seinem Besuch in Washington zur Sprache kommt, wird sich zeigen. WEN HAT TRUMP SCHON IM WEISSEN HAUS EMPFANGEN? Seit seinem Amtsantritt im Januar waren schon zahlreiche Staats- und
Regierungschefs bei ihm, darunter Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron, der britische Premierminister Keir Starmer und Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Besonders in Erinnerung
geblieben sind aber zwei Besuche: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa wurden vom US-Präsidenten im Oval Office vor laufenden
Kameras regelrecht vorgeführt. WIE REAGIERT MERZ DARAUF? Gelassen. „Ich brauche keinen Baldrian, um ruhig zu bleiben und mit dem amerikanischen Präsidenten ein vernünftiges Gespräch zu
führen“, sagte er kürzlich im ZDF. Der Kanzler bereitet sich aber intensiv auf den Termin vor. Von mehreren Staats- und Regierungschefs, die bereits bei Trump waren, hat er sich Ratschläge
geben lassen, unter anderem von Selenskyj, Ramaphosa, Meloni, dem norwegischen Ministerpräsidenten Jonas Gahr Store und dem finnischen Präsidenten Alexander Stubb. Er will auf jeden Fall
mit einer positiven Grundhaltung in das Gespräch gehen: „Wir werden über gemeinsame Interessen zu sprechen haben. Es gibt Unterschiede, aber es gibt auch viele Gemeinsamkeiten und genau
darüber werden wir dann auch sprechen“, sagte er im ZDF. © dpa-infocom, dpa:250531-930-613557/2 _Das ist eine Nachricht direkt aus dem dpa-Newskanal._