Play all audios:
Schwarz-Rot verschärft die Asylpolitik und will mehr Herkunftsstaaten als sicher ausweisen. Ein neues Prozedere soll die jahrelange Blockade des Bundesrats beenden. Die Regierung plant die
nächste Verschärfung ihrer Migrationspolitik: Das Bundeskabinett wird am Mittwoch nach Tagesspiegel-Informationen einen Gesetzentwurf verabschieden, mit dem die Regierung künftig selbst
festlegen kann, für welche Asylbewerber aus welchen Staaten verkürzte Prüfverfahren gelten. In den vergangenen Jahren war die Ausweitung der Liste sogenannter sicherer Herkunftsstaaten – bis
auf eine Ausnahme, als Moldau und Georgien Ende 2023 entsprechend eingestuft wurden – im Bundesrat gescheitert. „Die Menschen haben einen Anspruch darauf, dass die neue Bundesregierung die
Wende in der Migrationspolitik zügig umsetzt“, sagte Kanzleramtsminister Thorsten Frei (CDU) dem Tagesspiegel: „Daher arbeiten wir mit Hochdruck an einem neuen Verfahren, um die Einstufung
weiterer sogenannter sicherer Herkunftsländer zu erleichtern.“ ANDEUTUNGEN IM KOALITIONSVERTRAG WERDEN KONKRETER Bereits im Koalitionsvertrag von Union und SPD war davon die Rede, dass die
Liste in einem ersten Schritt um Algerien, Indien, Marokko und Tunesien sowie anschließend um Länder erweitert werden soll, deren „Anerkennungsquote seit mindestens fünf Jahren unter fünf
Prozent liegt“. Man werde dafür die europäischen „Möglichkeiten der GEAS-Reform ausschöpfen“ und neue Einstufungen „durch Rechtsverordnung der Bundesregierung ermöglichen“. > Wir arbeiten
mit Hochdruck an einem neuen Verfahren, um die > Einstufung weiterer sogenannter sicherer Herkunftsländer zu > erleichtern. Kanzleramtschef THORSTEN FREI (CDU) Juristischer
Hintergrund ist, dass die Einstufungen bisher im Sinne des Grundgesetzes wie auch der EU-Asylverfahrensrichtlinie erfolgen. Der Bezug zur deutschen Verfassung löst eine Zustimmungspflicht
des Bundesrates aus. Der CDU-Politiker Frei argumentierte schon 2019, das nationale Grundrecht sei quasi „bedeutungslos“, weil nur noch ein sehr geringer Prozentsatz der Menschen einen
Schutzstatus nach Artikel 16 erhalte. In der Praxis sei das EU-Recht entscheidend. GRÜNE STEHEN DEM KONZEPT KRITISCH GEGENÜBER Allein auf dieses will die Bundesregierung die Ausweisung der
Staaten künftig beziehen, um nicht mehr auf den Bundesrat angewiesen zu sein, indem es ohne Zustimmung der Landesregierungen mit grüner Beteiligung nur schwer eine Mehrheit gibt. Weil die
Grünen dem Konzept sicheren Herkunftsstaaten extrem kritisch gegenübersteht, wurde etwa ein Bundestagsbeschluss zu den drei Maghrebstaaten von Anfang 2019 nie umgesetzt. > Ich finde
dieses Schauspiel zur Befriedung der Unionswähler recht > leicht durchschaubar und frage mich langsam, ob die SPD eigentlich > Teil der Koalition ist. Der Grünen-Parteivorsitzende
FELIX BANASZAK „Um in Zukunft die Migration zu ordnen, zu steuern und zu begrenzen, können diese Verordnungen ein wichtiger Baustein sein“, sagte dagegen Kanzleramtschef Frei dem
Tagesspiegel zu den Plänen. Er erhofft sich davon auch, bereits in Deutschland befindliche Menschen aus diesen Ländern leichter abschieben zu können: „Rückführungen für Menschen ohne
Bleibeperspektive müssen schneller stattfinden.“ Die Grünen, gegen deren Mitwirkung die Regierungspläne zielen, kritisieren diese entsprechend scharf. „Diese Maßnahme ist für die Bewältigung
realer Herausforderungen weitgehend wirkungslos, soll aber Härte und Konsequenz signalisieren“, sagte Parteichef Felix Banaszak dem Tagesspiegel: „Ich finde dieses Schauspiel zur Befriedung
der Unionswähler recht leicht durchschaubar und frage mich langsam, ob die SPD eigentlich Teil der Koalition ist.“