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------------------------- * * X.com * Facebook * E-Mail * * * X.com * Facebook * E-Mail * Messenger * WhatsApp * Dieser Beitrag stammt aus dem SPIEGEL-Archiv. Warum ist das wichtig? So
schnell wohl kaum. Mit einem neuen Produkt zur Entwicklung von Computerprogrammen will der Softwarekonzern Microsoft zunächst seine "Position im Markt für Internet-Anwendungen
stärken" - im Klartext: Boden gut machen. Denn das Web ist ein Markt, den Microsoft noch längst nicht beherrscht. Was kein Zufall ist: Lang hatte Bill Gates die Entwicklung verschlafen.
Erst Ende Dezember 1995 erkannte Gates, dass aus diesem seltsam losen Computernetzwerk doch etwas werden könnte, das für Microsoft wichtig werden könnte. Ganz Mann der Extreme und alles
andere als lernresistent erhob er das Internet von einem Tag zum anderen zur "höchsten Priorität" - und begann mit härtesten Bandagen gegen Konkurrenten zu boxen, die die Zeichen
der Zeit lang vor ihm erkannt hatten. Zu diesem Zeitpunkt arbeitete Sun längst nicht nur an, sondern bereits mit Java - das auch 2002 noch zu den stärksten Konkurrenten der kommenden
.Net-Strategie gehören dürfte. Den damaligen Hauptkonkurrenten im Browsermarkt Netscape, anfänglich der Quasi-Monopolist dieses Marktsegmentes, fegte er ab 1996 aus dem Markt, was Microsoft
deftige Klagen einbrachte und auch zu einem der Hauptanklagepunkte im Kartellprozess gegen den Softwareriesen werden sollte. Microsoft ist bis heute rechtskräftig verurteilt, sich seine
derzeitige Marktposition mit unfairen Mitteln erstritten zu haben. Den Browsermarkt dominiert Microsoft heute trotz alledem und weiterhin - wahrscheinlich mit einem Anteil über 70 Prozent.
Doch damit ist kein Geld zu verdienen. Der Rubel rollt im Web woanders: Bei Internet-Servern etwa, bei Routing-Hard- und -Software, bei all den Schnittstellen, die erst die intelligente
Verknüpfung verschiedenster Geräte über das Internet möglich machen. Doch hier haben Microsoft-Produkte bisher entweder einen miesen Ruf (IIS-Server), oder aber einer übermächtigen
Konkurrenz (Cisco, Sun, Oracle und andere) bisher herzlich wenig entgegenzusetzen. All das soll ".Net" ändern - und zudem den Generalangriff auf die Geldbörsen der ganz normalen
Kunden eröffnen: Gates hofft, mit seinen integrierten Shopping- und Billing-Systemen künftig auch den Standard in Sachen elektronischer Einkauf zu setzen. Das kann nur gelingen, wenn
möglichst viele Softwareschmieden seinen Mircrosoft-Standards folgen: Die gewährleisten eine Kreuz- und Quer-Kompatibilität über die gesamte Palette der Microsoft-Software. Das
.Net-Entwicklerkit "Visual Studio" soll nun zudem sicherstellen, dass jede für die Microsoft-Plattform entwickelte Software auch .Net-kompatibel sein wird - und über das Internet
ansprechbar ist. Microsoft habe in den vergangenen drei Jahren rund zwei Milliarden Dollar in die jetzt vorgestellte Entwicklungsumgebung Visual Studio investiert, sagte ein
Microsoft-Sprecher bei der Vorstellung des Entwickler-Kits. Visual Studio ist eine Art Programmbaukasten, der die Entwicklung vor allem von Internet-Anwendungen ermöglicht. Das Programmpaket
wird bei dem US-Softwarekonzern als zentraler Baustein für die.Net-Strategie gesehen, bei der unterschiedliche Programme über das Internet auf verschiedensten Geräten laufen und
kommunizieren sollen. Java, das damit verbundene Sun-Projekt "Open Network Enviroment" (ONE) und .Net sind direkte Konkurrenten. Experten zufolge sind bisher rund 75 Prozent der
Internet-Dienste mit Java entwickelt worden. Microsoft erwartet, dass sich innerhalb eines Jahres rund zwei Millionen Software-Entwickler für .Net entscheiden werden, das für seine
Web-Applikationen auf das XML-Format setzt. Microsoft meldete am Donnerstag, das die Entwickler-Software nun in englischer, französischer, italienischer, spanischer, japanischer,
chinesischer (traditionell und vereinfacht) und koreanischer Version vorliegt. Eine deutsche solle bald folgen.