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Flexible Arbeitsorte statt leerer Empfangsbereiche. Mit einem neuen Angebot will Aroundtown Freiberufler und Büronomaden anziehen. Ein aufgeklappter Laptop, ein kalter Cappuccino – schon
schaut die Tresenkraft genervt. Wer unterwegs arbeiten möchte, stößt in Cafés inzwischen schnell an Grenzen. Strom, WLAN oder Ruhe sind nicht leicht zu finden. Eine neue Plattform des
Immobilienkonzerns Aroundtown soll diese Lücke schließen und das Arbeiten an ungenutzten Orten ermöglichen: ATworld. Alles ganz nah am Nutzer und mit dem besonderen Sinn für Gemeinschaft, so
die offizielle Erzählung der Macher. Die Idee von ATworld: bestehende Flächen wie Hotellobbys, Empfangsbereiche oder Loungezonen sollen flexible Arbeitsorte werden. Entwickelt wurde das
System gemeinsam mit Denizen, einem Anbieter mit Wurzeln in der Hotellerie. „Was früher ein reiner Durchgangsbereich war, eine Hotellobby zum Beispiel, kann heute aktiv für Arbeit, Begegnung
oder Veranstaltungen genutzt werden“, sagt David Turnbull, Geschäftsführer von Denizen. Prozent der Flächen von Gewerbevermieter Aroundtown stehen in Berlin leer. Doch neben dem betont
kuscheligen Community-Gedanken hat das Projekt auch eine rechnerische und strategische Seite. In einem angespannten Gewerbeimmobilienmarkt kann ein Service wie ATworld ein relevantes
Verkaufsargument sein. Empfohlener redaktioneller Inhalt An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen
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nicht der Auslöser für das Projekt gewesen, betont Projektleiter Timothy Wright bei Aroundtown. Dennoch bestätigt er: „Es kann am Ende den Ausschlag geben, wenn sich ein Interessent fragt:
Miete ich hier oder dort meine 10.000 Quadratmeter?“ Die App soll ein Pluspunkt sein – ein Service, der bei der Vermarktung von Flächen möglicherweise den Unterschied macht. Für
Aroundtown-Mieter bedeutet das: Mit jedem Mietvertrag wird ein bestimmtes Kontingent an AT-World-Mitgliedschaften mitgeliefert – abhängig von der Größe der gemieteten Fläche.
Mitarbeiter:innen können diese Zugänge flexibel nutzen, zusätzliche Memberships lassen sich unkompliziert hinzubuchen. Zusätzliche Zugänge können bei Bedarf zugekauft werden. ANGEBOT IST
OFFEN FÜR ALLE MIT ABO Gleichzeitig richtet sich ATworld an Einzelpersonen: an den Freiberufler, der einen fokussierten Ort für ein Kundengespräch sucht, an die Homeoffice-Mitarbeiterin mit
Lagerkoller oder den Berufspendler zwischen zwei Terminen. Das Modell orientiert sich am Urban Sports Club: Ein monatlich kündbares Abo gewährt Zugang zu allen teilnehmenden Orten. Die
Basisversion beginnt bei rund 99 Euro, das Premium-Modell – mit ruhigen Arbeitszonen oder Hotelservices – liegt bei etwa 229 Euro im Monat. „Unser Ziel war nicht, neue Flächen zu schaffen
oder leerstehende zu besetzen, sondern bestehende Flächen intelligenter zu nutzen“, sagt Wright. Die App unterscheidet zwischen sogenannten „Touchdown-Spaces“ – offene Bereiche mit Café oder
Loungebereichen – und abgeschirmten Fokuszonen. Manche Standorte bieten rund um den Arbeitsplatz Zusatzangebote: Mittagstisch, Schmuckdesign-Kurs nach Feierabend oder einen Spa-Bereich im
Hotel. Aktuell zählt ATworld rund 218 Standorte – die meisten bisher in Berlin, aber auch in Großstädten wie Hamburg, München und Frankfurt kann man bereits Orte zum „Einchecken“ finden. Als
mögliche Ziele für „Workation“, also Arbeiten am Urlaubsort, gibt es Partner in Porto, Rom oder an der Ostseeküste. Der Aufbau des Netzwerks ist kein Selbstläufer: Jeder Ort wird aktiv
akquiriert. Partner – etwa Hotels, Cafés oder Co-Working-Betreiber – behalten die Hoheit über ihre Flächen und definieren selbst, wann und wie viele Plätze sie zur Verfügung stellen. Auch im
Verhältnis zur Konkurrenz will sich ATworld nicht als klassischer Co-Working-Anbieter verstehen, mehr als Infrastrukturplattform. Anbieter wie Mindspace oder Unicorn sind Teil des
Netzwerks. Denn dass flexible Arbeitsplatzangebote nicht automatisch tragfähig sind, zeigt das Beispiel des Berliner Start-ups Independesk. Das Unternehmen, das 2021 in der TV-Show „Die
Höhle der Löwen“ noch Investoren gewinnen konnte, musste Ende 2022 Insolvenz anmelden. Ein Grund: Viele Unternehmen holten ihre Mitarbeiter wieder ins eigene Büro zurück und waren nicht mehr
bereit, für flexible Arbeitsplätze zu zahlen. MIT EIGENEN FLÄCHEN WENIGER RISIKO Der Trend zum Büro besorgt Projektleiter Wright nicht wirklich. Einerseits glaubt er fest an den anhaltenden
Bedarf hybrider Arbeitsformen, andererseits hat seine Plattform mit dem Immobilienkonzern Aroundtown ein kräftiges, wirtschaftliches Rückgrat mit einem breiten Mieterportfolio und eigenen
Flächen. So wird gerade am Berliner Alexanderplatz, im früheren „Haus der Elektroindustrie“, eine eigene, zuvor leer gestandene Fläche eingerichtet. Zwar findet sich der neue Standort namens
„Alex 1“ bei ATworld, ist aber nicht inklusive. Vielmehr handelt es sich wieder um ein klassisches Vermietungsangebot, das Aroundtown in seine neue Plattform streut. Es gibt verschiedene
Raumgrößen, etwa einen Projektraum mit 170 Quadratmetern für 10.800 Euro im Monat oder 1.500 Euro pro Tag. ATworld-Mitglieder erhalten 25 Prozent Rabatt. Das Umfeld kommt dennoch anders
daher: flexibler, belebter, mit Gemeinschaftsküche statt grauem Teppich und Kaffeeküche. Denn selbst bei einem der größten Gewerbevermieter Europas hat man verstanden: Mit seelenlosen
Quadratmetern besteht man im harten Wettbewerb nicht mehr.